Linda Christina Riedmann

Filmemacherin

Die gebürtige Höchsterin hat sich aus beruflichen Gründen in der Millionenstadt Los Angeles an der US-Westküste niedergelassen: Linda Christina Riedmann arbeitet seit 2015 in der Filmmetropole Hollywood als Filmemacherin. Seit knapp einem Jahr hat sie einen Job in der noch jungen Produktionsfirma „Aggregate Films“ des US-Schauspielers Jason Bateman ergattert.

Auf einer seiner Reisen hat der Vorarlberger Journalist Nikolaus Küng heuer im Frühsommer 2019 die Mitte 20-Jährige in einem Lokal in Westhollywood am legendären „Sunset Boulevard“ getroffen und folgendes Interview mit Linda Christina Riedmann ins Ländle zurückgebracht:

Titelbild innen: ©Carina Reimers
Titelbild außen: ©Brian Contreras

Was hat dich nach Hollywood verschlagen?

Ich bin nach der Matura das erste Mal in die USA gekommen, habe in Passadena (Kalifornien) ein Auslandsjahr gemacht und war sofort in L.A. verliebt. Ich habe es als spannend empfunden, dass die Filmindustrie hier nicht nur ein großer Traum ist, etwas Unerreichbares, sondern dass es hier auch ein realer Job sein kann.

Wie kam’s, dass du gleich nach der Schule so weit weg ins Ausland gegangen bist?

Ich wollte gleich nach der Matura Englisch lernen, ein Jahr Auszeit nehmen. Ich habe beschlossen, nicht als Au Pair zu arbeiten, sondern lieber an eine Schule zu gehen. Ich wollte Menschen in meinem Alter kennen lernen. Es hat mir sehr gut gefallen, alles auf Englisch zu machen. Und ich habe mir vorgenommen, auch in dieser Sprache zu studieren.

Linda Christina Riedmann: „Hier ist die Filmindustrie nicht nur ein großer Traum, sie kann ein realer Job sein.“ Foto: ©Brian Contreras

Linda Christina Riedmann: „Hier in Los Angeles ist die Filmindustrie nicht nur ein großer Traum, sie kann ein realer Job sein.“
Foto: ©Brian Contreras

Deshalb habe mir mehrere Unis angesehen – zunächst hauptsächlich in England. Ich war mir damals noch nicht sicher, ob ich auf längere Zeit wirklich so weit weg sein kann. Ich habe daher mein Bachelor-Filmstudium in London begonnen und während dieser Zeit dann noch einmal ein Auslandssemester in L.A. machen dürfen. So hat es sich ergeben, dass ich zwischen Europa und Amerika hin- und hergewechselt habe, bis ich dann zu meinem Masterabschluss fix nach L.A. gezogen bin. Seitdem bin ich hier!

War es für dich von Vornherein klar, dass du beruflich in Richtung Film gehen möchtest?

Nicht wirklich! Ich kann nicht sagen, dass ich mit der Begeisterung für den Film bereits aufgewachsen wäre, dass ich mir immer alle Filme angesehen habe und richtig fanatisch war. Das hat sich bei mir erst später aus einem Bauchgefühl heraus entwickelt: als ich nach L.A. gekommen bin, habe ich erlebt, wie sich hier Kunst, Film und Musik viel mehr als Teil des Alltags anfühlen, als es bei uns in Vorarlberg – zumindest in meinem alltäglichen Leben – der Fall war.
Das hat mich sehr gereizt und ich wollte in diesem Bereich arbeiten. Ich habe mich dann über Programme informiert, die die Richtungen „Kunst, Kultur und Medien“ beinhalten und bin dann am „King‘s College London“ fündig geworden.

Du bist mittlerweile seit 2015 in Los Angeles und in mehreren Berufsfeldern tätig. Was machst du derzeit genau?

Meine Ausbildung zum Bachelor war sehr akademisch und theoretisch. Ich habe recht schnell gemerkt, dass ich viel mehr in der Praxis arbeiten möchte. Ich wollte Filme MACHEN, statt sie zu analysieren und darüber zu reden. Ich habe dann einen Master zur Produzentin gemacht – und das ist auch meine große Leidenschaft. Ich liebe es, hinter den Kulissen alles zu managen. Vom Drehbuch über die Castings bis hin zum fertigen Film.
Momentan arbeite ich bei „Aggregate Films“, einer Produktionsfirma, die dem US-Schauspieler Jason Bateman gehört. Diese Firma arbeitet unter anderem auch mit „Netflix“ zusammen. Ich arbeite seit Oktober 2018 in der Filmabteilung, daneben gibt es noch eine Fernsehabteilung. Ein großer Teil meines Alltages besteht momentan aus Lesen – vor allem dem Lesen von Drehbüchern – und aus Ideenfinden. Wenn wir uns auf eine Idee einigen, die zu einem Film werden soll, dann werden die Autoren ausgesucht, später auch die Regisseure und Schauspieler. Und wir produzieren mit dieser Crew dann den Film.

Ich habe den Master zur Produzentin an der „University of California, Los Angeles“ gemacht, das war mein Startpunkt, um mir ein Netzwerk aufzubauen und Kontakte zu knüpfen. Ich habe während dieser Zeit sechs Praktika in verschiedenen Produktionsfirmen und Studios gemacht. Das ist ganz wichtig! In Hollywood ist alles auf einer gewissen hierarchischen Leiter aufgebaut, auf der man sich hinauf kämpfen muss: zuerst sind die Praktika unbezahlt, später dann bezahlt, dann kommen die ersten Assistentenjobs, und so entwickelt sich das weiter.

Du bist mit Weltstars in Kontakt, bist ein Teil dieser riesigen Filmindustrie – wie ist das für dich persönlich?

Es ist immer noch spannend. Nach wie vor. Auch nach über drei Jahren noch. Mit der Zeit stellt sich vielleicht auch ein bisschen Gewohnheit ein, weil wir wirklich jeden Tag mit verschiedenen Stars zusammenarbeiten – ob das jetzt Regisseure oder Schauspieler sind. Schlussendlich merkt man, auf was es ankommt, wer was kann und leistet. Auch Prominente in der Filmindustrie sind nur Menschen, die ihre Ziel und Leidenschaften haben. Es sind Menschen, die Geschichten erzählen wollen.
Manchmal kann ich es immer noch nicht ganz glauben, dass ich wirklich da bin und das alles mache. Das ist ein wirklich großer Traum, der Wirklichkeit wird. Das ist schon ein bisschen surreal. Und ich lerne jeden Tag etwas Neues dazu und es wird nie langweilig.

Welche Filme und Serien produziert ihr derzeit?

Was die Filme betrifft, darf ich leider noch gar nichts sagen, weil das zuvor immer alles ganz geheim ist. Was die Fernsehproduktionen angeht, produzieren wir gerade „Ozark“, eine Serie für „Netflix“, für die gerade die dritte Staffel gedreht wird. Und „The Outsider“, eine Stephen King-Serie, die bald herauskommt.

Linda Christina Riedmann: „Manchmal kann ich es immer noch nicht ganz glauben, dass ich wirklich da bin und das alles mache.“ Foto: ©Brian Contreras

Linda Christina Riedmann: „Manchmal kann ich es immer noch nicht ganz glauben, dass ich wirklich da bin und das alles mache.“
Foto: ©Brian Contreras

Du bist sehr jung sehr weit weg gezogen von deiner Familie und deinen Freunden. Gibt’s Zeiten, in denen du Vorarlberg vermisst?

Ja natürlich! Vor allem meine Familie würde ich gerne öfter sehen. Ich gehe normalerweise zwei Mal im Jahr nach Hause, im Sommer und um die Weihnachtszeit – das ist ein absolutes Muss! Ansonsten telefoniere ich mit ihnen, bleibe auf diesem Weg in Kontakt. Ich habe nach wie vor sehr gute Freunde in Vorarlberg, die ich teils seit meiner Kindheit kenne. Das sind lebenslange Verbindungen. Die engsten Vertrauten muss man nicht jeden Tag sehen, um eng befreundet zu bleiben. Aber klar – es wäre natürlich schön, sie alle öfter zu sehen.

Wie sehen deine Langzeitpläne aus? Hast du vor, in L.A. zu bleiben oder denkst du daran, nach Österreich zurückzugehen?

Momentan ist es mein Ziel, hier zu bleiben. Zumindest für die nächsten Jahre. Ich bin derzeit fokussiert darauf, meine Karriere aufzubauen und habe jetzt einfach „den Fuß in der Türe“, wie man so schön sagt. Es wäre nicht sehr schlau, den jetzt wieder herauszuziehen…
Neben meiner Arbeit in der Produktionsfirma setze ich auch eigene Filmprojekte um, die mir sehr wichtig sind. Ich mache unter anderem Musikvideos und Kurzfilme, die auf Festivals gespielt werden. Die Arbeit in der Filmindustrie ist kein „Nine-to-Five“-Job. Aber dazwischen bleibt schon noch Zeit, um sich auch selbst mal Filme anzusehen und Zeit mit Freunden zu verbringen!

Was gefällt dir an Los Angeles besonders?

Los Angeles ist nicht nur EINE Stadt. Im Vergleich etwa zu London, einer Stadt, die ihren ganz eigenen Charakter hat. L.A. hat keinen Charakter in dem Sinn, und das ist das Spannende, das ist nichts Negatives: jeder kann sich die L.A. zu seiner eigenen Stadt machen. Jeder lebt seine eigene Version von Los Angeles. Und es ist immer wieder spannend, auch andere Versionen kennenzulernen. Es wird nie langweilig hier.

Linda Christina Riedmann: „Jeder lebt seine eigene Version von Los Angeles.“  Foto: ©Brian Contreras

Linda Christina Riedmann: „Jeder lebt seine eigene Version von Los Angeles.“
Foto: ©Brian Contreras

Ich verbringe sehr viel Zeit in West-Hollywood, weil ich hier arbeite und hier in der Gegend auch meine Freunde wohnen. Es gibt viel Bars und Clubs – und den Strand. Ich mag „Venice Beach“ sehr und gehe ganz gerne mal nach Downtown L.A., das erinnert mich dann an eine „richtige“ Stadt wie eben London – das vermisse ich nämlich ab und zu.

Du hast den Kontakt zur Filmszene in Vorarlberg nie verloren, warst etwa 2018 Jurymitglied beim Kurzfilmfestival Alpinale in Nenzing.

Das war eine große Ehre! Es hat mich so gefreut! Ich habe das Jahr davor den Kontakt zur „Alpinale“ aufgebaut, indem ich freiwillig dort mit- und ausgeholfen habe. Das Team hat einen richtig guten Filmgeschmack, das Programm ist immer 1A. Und ein Teil von diesem Team zu sein, hat unglaublich viel Spaß gemacht.

Aus deiner Perspektive aus gesehen – wie war die Qualität?

Ich war wirklich total begeistert von der Qualität der Filme. Ich habe bereits für Filmfestivals unter anderem in Texas mitgearbeitet und finde, dass die „Alpinale“-Qualität durchaus über so manchen Festivals in den USA steht.

Herzlichen Dank für das Gespräch und deine Zeit!

Publiziert im August 2019

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Nachtrag:
*Mit ihrem Kurzfilm „The Wind Phone“ (Hier geht’s zum Filmtrailer) war Linda Christina Riedmann im August 2019 selbst mit einer Film-Produktion bei beim Kurzfilmfestival „Alpinale“ in Nenzing vertreten.

*Unser „Schwarz auf Weiß“-Porträt von „Alpinale“-Obfrau Manuela Mylonas gibt es hier zum Nachlesen: Porträt Manuela Mylonas

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