Dusanka Sebalj

Busfahrerin
Ein Porträt von „Schwarz auf Weiß“ in Kooperation mit dem Vorarlberger Fraueninformationszentrum „femail“

Vor zwölf Jahren hat die Ende-40-Jährige aus Rankweil einen komplett neuen beruflichen Weg eingeschlagen und den Bus-Führerschein gemacht. Heute lenkt Dusanka Sebalj mit viel Erfahrung auf mehreren Linien die Stadtbusse durch Feldkirch. Sie kennt die Tücken der Strecken und weiß auch den Eigenheiten von Verkehrsteilnehmern und Fahrgästen mit viel Nervenstärke und Humor zu begegnen.

Mit Hürden und Umwegen kennt sich Dusanka Sebalj aus. Auch im übertragenen Sinn: denn ihr eigenes Leben war vor allem zu Beginn alles andere als eine gemütliche Einbahnstraße.

Als Kind alleine nach Bosnien

Geboren in Vorarlberg, hat Dusanka Sebalj ihre Kleinkind- und Kindergartenzeit noch in Rankweil-Brederis erlebt. Im Alter von sechs Jahren haben sie ihre Eltern dann in deren Ursprungsland nach Bosnien zu Verwandten gebracht, in dem Glauben, dass sie bald nachkommen würden. „Meine Eltern haben geplant, noch eine Zeit lang in Vorarlberg zu arbeiten und dann gemeinsam mit meinem Bruder nachzukommen. Daraus ist aber leider nichts geworden. Die Jahre sind vergangen und ich bin bei meiner Tante und meinem Onkel aufgewachsen.

Zwischen den Kulturen

Dusanka Sebalj war in dem Alter bereits zweisprachig. „Ich habe mich dadurch in meinem neuen Zuhause schon gut zurechtgefunden. Was das betrifft. Aber als kleines Kind plötzlich ohne Eltern zu sein, war natürlich schwierig. Und das ist es bis heute, wenn ich an diese Zeit zurückdenke“, erzählt sie und macht eine lange Pause.

„Ich habe aber bewusst die positiven und schönen Seiten der beiden Kulturen für mich persönlich aufgenommen“, meint sie weiter. „Ich habe einen Frisör-Kurs in Bosnien absolviert. Den Beruf habe ich allerdings nie ausgeübt. Es war auch nie mein Wunsch-Job. Mein Traum war es damals, in der Gastronomie zu arbeiten. Das hat sich aber leider nie ergeben. Meine Eltern haben mich zwei Mal im Jahr besucht. Im Winter und im Sommer. Ich wollte immer zurück nach Vorarlberg.“

Als Teenager zurück ins Ländle

Und das hat Dusanka Sebalj dann auch gemacht, sobald sie diese Entscheidung für sich selbst treffen konnte: „Im Alter von 16 Jahren bin ich wieder zurück nach Vorarlberg gezogen und bis heute hier geblieben. Ich wollte auch zurück zu meinen Eltern, die ebenfalls bis heute hier geblieben sind.“ Dusanka Sebalj hat gleich nach ihrer Ankunft in Vorarlberg angefangen, selbst für ihr Einkommen zu sorgen: „Ich habe begonnen, in der Textilfirma mitzuarbeiten, in der auch meine Mutter gearbeitet hat.“ Zehn Jahre lang hat sie dort als Näherin gearbeitet, bis die Firma in Konkurs geschlittert ist.

Ein ganz besonderer Anblick

„Ich habe danach vier Jahre lang in einer anderen Firma in der Fertigung gearbeitet und mich immer nach einer anderen Arbeit gesehnt“, betont Dusanka Sebalj. „Als ich dann über eine Kollegin erfahren habe, dass sie einen Bus-Führerschein gemacht hat, war ich gleich dabei. Das wollte ich machen! Für mich war es immer schon etwas Besonderes, etwas Schönes, eine Frau am Steuer eines so großen Fahrzeugs zu sehen. Früher war das ja noch ein seltener Anblick, – ähnlich wie heute Frauen am Steuer eines LKW noch eher selten sind. Ich finde, dass auch das ein ganz besonderer Anblick ist“, schwärmt sie.

Ein Traum wird wahr

Dusanka Sebalj war bereits Mitte 30, als sie sich entschied, beruflich noch einmal komplett von vorne anzufangen und den Bus-Führerschein zu machen. „Ich saß da gemeinsam mit sechs anderen Frauen unter all den vielen Männern“, lacht sie. „Meine Eltern waren zunächst ein wenig schockiert von meinen Plänen. Am Anfang hatte ich natürlich noch ein mulmiges Gefühl, als ich mich in das riesige Fahrzeug gesetzt habe. Aber ich habe es in drei Monaten geschafft, den Schein zu machen. Und danach war ich einfach nur noch stolz – meine Eltern übrigens auch“, schmunzelt die Busfahrerin im Nachhinein.

Zwei Monate nach ihrer bestanden Prüfung hat sie zunächst als Postbusfahrerin begonnen, bis sie dann bei „Nigg-Bus“ in Rankweil ihren heiß ersehnten Job ergattert hat: „Die Firma ist ein privates Busunternehmen, das unter anderem den Stadtbus Feldkirch betreibt. Der Hauptsitz liegt nicht weit entfernt von meinem Zuhause, und ich habe mir beim Vorbeigehen immer gewünscht, einmal dort anfangen zu dürfen. Und dieser Traum ist dann auch tatsächlich wahr geworden.“

Familienfreundlicher Arbeitgeber

„Die Kinder waren damals noch kleiner, ich durfte stundenweise arbeiten, was mir als Alleinerzieherin sehr entgegen gekommen ist“, sagt die heute dreifache Mama und zweifache Oma. Die Geschäftsführung von Nigg-Bus ist Familien und speziell Müttern gegenüber sehr aufmerksam. Ich habe sehr viel Unterstützung bekommen, speziell in meiner Anfangszeit waren meine Dienste sehr flexibel. Da bin ich heute noch sehr dankbar. Ich weiß dieses Glück sehr zu schätzen.“
Dusanka Sebalj macht ihre Arbeit inzwischen so gerne, dass sie ihren Beruf als „Leidenschaft“ umschreibt. Als Ausgleich zu ihrer sitzenden beruflichen Tätigkeit verbringt sie viel Zeit mit ihren beiden Enkelkindern, „die mich glücklicherweise ganz schön in Bewegung halten“, lacht die junge Oma.

Nervenstärke und Humor

Dass Busfahren natürlich auch Stress und eine große Verantwortung bedeutet, sei logisch, betont Dusanka Sebalj: „In meinem Fahrzeug sitzen viele Menschen, die sicher von einem Ort zum anderen kommen müssen. Dessen bin ich mir jeden Tag aufs Neue bewusst. Ich kann behaupten, dass ich in meiner Zeit als Busfahrerin sehr konzentriert und nervenstark geworden bin. Ich muss bei dieser Arbeit wirklich sämtliche Probleme zu Hause lassen und ganz auf den Verkehr und das Fahren fokussiert sein. Jetzt sind meine Kinder erwachsen und es ist dadurch viel einfacher geworden, sich ausschließlich auf die Arbeit zu konzentrieren.“

Dusanka Sebalj ist mit einem Lächeln unterwegs; Foto:  ©Dusanka Sebalj

Dusanka Sebalj ist mit einem Lächeln unterwegs; Foto: ©Dusanka Sebalj

Für die Fahrgäste sei es übrigens längst ein alltäglicher Anblick, dass eine Frau am Steuer eines großen Busses sitzt. „Für die meisten jedenfalls“, schränkt Dusanka Sebalj mit Augenzwinkern ein. „Die Sprüche á la Frau am Steuer statt am Herd samt Augenrollen sind sehr selten. Und man lernt, mit Menschen umzugehen. Auch mit schwierigen. Ich bin selbst ein Mensch, der solche Aussagen gelassen und mit einem Lachen annehmen kann. Was das betrifft, habe ich natürlich schon viel erlebt!“

Öffi-Fahrer werden mehr

Dusanka Sebalj hat in den vergangenen Jahren einen deutlichen Zuwachs an Fahrgästen bemerkt: „Immer mehr Menschen lassen ihr Auto stehen und fahren mit dem Bus. Vor allem wenn sie ins Stadtgebiet müssen. Das ist einfach billiger und zeitsparender mit den öffentlichen Verkehrsmitteln“. Gleichzeitig habe aber auch der Auto-Verkehr deutlich zugenommen. „Der ist durch die vielen Öffi-Fahrer leider nicht weniger geworden“, weiß sie nur zu gut. „Im Gegenteil.“

Privat sitzt Dusanka Sebalj übrigens auch lieber selbst auch am Steuer. Sie fährt in ihrer Freizeit zwar auch als Gast ganz gerne einmal mit dem Bus, „vor allem wenn ich in eine Innenstadt muss, wo man mit dem Auto eh keinen Parkplatz bekommt“. Aber noch lieber lenkt sie selbst ihr Auto: „Da bin ich zu ungeduldig“, lacht sie. „Ich warte nicht gerne an einer Haltestelle, obwohl die Intervalle mittlerweile wirklich kurz sind. Und: im eigenen Fahrzeug habe ich endlich mal ein bisschen Ruhe. Und die genieße ich dann schon. Herrlich!“

Verfasst im September 2019

von Schwarz auf Weiß in Kooperation mit femail:

Dieses Porträt ist in Kooperation mit dem Vorarlberger Fraueninformationszentrum „femail“ entstanden. „femail“ mit Sitz in Feldkirch ist eine Servicestelle von und für Frauen. Ausgebildete Spezialistinnen bieten Informationen in Einzelberatungen und Workshops zu den Themen Arbeit, Bildung, Familie, Gesundheit, Absicherung und Integration.

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