Barbara Bechter

Kalligrafin

Aufgewachsen inmitten eines landwirtschaftlichen Betriebes hat die Bregenzerwälderin die schwere Heugabel nun bewusst gegen die filigrane Zeichenfeder eingetauscht und sich Anfang des Jahres als Kalligrafin selbständig gemacht. Die Kunst des Schönschreibens hat sich die gelernte Werbetechnikerin in Kursen und Eigenrecherche angeeignet und dabei immer mehr ihr eigenes Talent entdeckt. Mittlerweile ist Barbara Bechters „ArtStube“ in Au im Bregenzerwald ein Geheimtipp für all jene, die mit Glückwunsch- und Einladungskarten, individuellen Geschenken und handgemachten Unikaten gleichzeitig ganz persönliche kleine Kunstwerke verschenken möchten.

Abgesehen von den hübschen Entwürfen, den Karten mit den unterschiedlichsten Schriftzügen und kleinen Motiven, den Rahmen, Schreib- und Malutensilien, fällt uns in der Werkstatt von Barbara Bechters „ArtStube“ auch ein kleiner Holztisch auf: „Den liebe ich besonders. Ich bin stolz, dass ich diesen Tisch in meinem Atelier habe“, schwärmt die zierliche 30-Jährige, „den habe ich nämlich von meiner Oma bekommen, die leider nicht mehr lebt. Aber man sagt in meiner Familie, dass ich ihr ähnlich bin…“.

Malen statt Heuen

Und damit meint Barbara Bechter auch ihre kreative Ader, die sie sich als einzige in der Familie mit der Oma teilt: „Ich bin da bei uns die Ausnahme.“ Barbara Bechter ist mit ihren drei Schwestern auf dem elterlichen Bauernhof in Langenegg im Bregenzerwald aufgewachsen. „Ich habe dort natürlich auch schon als Kind mitgeholfen“, erzählt sie. „Aber mich hat die Landwirtschaft nicht so wirklich interessiert, ich habe damals schon lieber gemalt und genäht und war eher die Ruhige. Wenn man mich heute am Hof noch manchmal beim Heuen brauchen kann, dann komme ich gerne und helfe mit. Aber es ist gut, dass meine älteste Schwester den Landwirtschaftsbetrieb unserer Eltern übernehmen wird“, lächelt sie.

Handschrift als Ausdruck der Persönlichkeit

Barbara Bechter; Foto: ©Barbara Bechter

Barbara Bechter; Foto: ©Barbara Bechter

Barbara Bechter hat zunächst in Banken und Büros gearbeitet, schließlich auch einen Werbelehrgang absolviert und eine Zeit lang als Werbetechnikerin gearbeitet. Dort ist die Bregenzerwälderin dann immer wieder einmal der „Kalligrafie“, also der Kunst des Schönschreibens begegnet. „Ich war fasziniert, das hat mich wirklich interessiert und ich habe irgendwann angefangen, es selbst zu probieren.“ Durch die ersten eigenen Schriftproben hat sich das Interesse gefestigt: „Ich habe begonnen, Kurse zu besuchen, habe etwa bei Grafikerin Karin Berger viel über moderne Kalligrafie gelernt. Seit diesem Zeitpunkt habe ich fast nur mehr mit Feder geschrieben.“

Für Barbara Bechter hat die eigene Handschrift sehr viel mit der eigenen Persönlichkeit zu tun, „man kann viel über einen Menschen erfahren, wenn man seine Handschrift liest. Ich persönlich würde es deshalb sehr schade finden, wenn man die Schreibschrift in den Volksschulen abschaffen würde – so wie es gerade in der Schweiz geschehen ist. Jeder Mensch ist auch in seinem Schreibstil einzigartig und kann sich also auch durch die Schrift – die individuelle Handschrift – ausdrücken“.

Trend zurück zum Individuellen

Dass sich Barbara Bechter mit ihrem Talent, schön zu schreiben tatsächlich selbständig gemacht hat, verdankt sie einem Zufall: „Eine Bekannte hat einen Stand beim Wäldermarkt in Hittisau bekommen – sie fertigt Handtaschen – und sie hat mich gefragt, ob ich Lust hätte, mit meinen Karten den Stand mit ihr zu teilen… Ich konnte natürlich nicht nein sagen, war aber am Anfang sehr unsicher darüber, was ich dort überhaupt präsentieren soll…“ Barbara Bechter hatte bei der Auswahl dann wohl ein gutes Händchen bewiesen – jedenfalls sei sie selbst erstaunt gewesen, wie gerne die Marktbesucher die kleinen Kunstwerke nachbestellt haben: „Es gibt doch überall unzählige Karten zu kaufen! Allerdings bemerke ich schon, dass gerade in unserer Zeit, in unserer westlichen Welt, in der jeder alles hat und kaufen kann, der Trend zurück geht. Zurück zu etwas Individuellem. Zurück zu etwas, für das man sich auch die Zeit nehmen will, um mit Worten etwas auszudrücken.“

Die richtigen Worte für besondere Menschen

Anfang des Jahres hat die 30-Jährige den Schritt dann gewagt und ihre „ArtStube“ gegründet. Leben kann sie davon noch nicht, sie arbeitet daneben ein paar Stunden in der Woche in einem Geschäft in Schoppernau. Hauptberuflich kümmert sich Barbara Bechter um ihre kleine Familie: „Am Abend oder wenn meine Tochter im Kindergarten ist, finde ich dann Zeit, mich der Kalligrafie, den Karten und den Kundenwünschen zu widmen. Es ist gleichzeitig eine Art, abzuschalten, es bedeutet Entspannung für mich.“

Barbara Bechters

Barbara Bechters „ArtStube“; Foto: ©Barbara Bechter

Zu ihren Kunden zählen mittlerweile neben Privatpersonen auch Firmen, die spezielle Beschriftungen bei der Kalligrafin in Auftrag geben. „Ich schreibe aber auch Hochzeitseinladungen, Geburtsanzeigen und -karten, ganz verschieden. Ich setze mich gerne auch mit den Menschen in meine Werkstatt, wir sprechen über ihre Vorstellungen, ich fertige einen Entwurf und gemeinsam finden wir die richtige Karte mit den richtigen Worten für besondere Anlässe oder einfach für einen lieben Menschen“, erklärt Barbara Bechter. „Es ist schön, wenn man Menschen eine Freude machen kann. Und es erstaunt mich immer wieder, wie viele Karten sich die Menschen noch schreiben. Es ist immer sehr persönlich. Jede Karte ist einzigartig und handgemacht. Ich glaube, das ist es, was die Kunden schätzen: es ist ein Unikat, keine Massenware.“

Mit Künstlern weltweit verbunden

Derzeit macht Barbara Bechter eine Fortbildung in den USA – per Internet! „Es ist ein sogenanntes Aquarell Boot Camp, an dem ich online teilnehmen kann. Wir haben 14 verschiedene Lehrpersonen, die mit den Teilnehmern verschiedene Themengebiete durchgehen – beispielsweise Landschaften und Porträts. Ich sitze in Au im Bregenzerwald und mache mit Leuten auf der ganzen Welt eine Fortbildung, das Internet macht’s möglich… Da sind Teilnehmer aus Australien und Alaska dabei, wir tauschen uns aus, zeigen neue Zeichnungen, die man gemacht hat. Ich bin mit Künstlern auf der ganzen Welt verbunden und das ist doch cool!“, schwärmt die 30-Jährige. Neben Online-Werbung setzt die Kalligrafin vor allem auf Mundpropaganda, ihre Karten liegen in diversen Geschäften und Hotels im Bregenzerwald auf. „Mein kleiner Traum ist es immer schon gewesen, selbst etwas aufzubauen. Ich war immer die Ruhige, der man das auch nicht so zugetraut hat. Ich lasse mich überraschen, was die Zukunft noch bringt. Bis dahin bin ich einfach glücklich, dass es Menschen gibt, denen meine Sachen wirklich gefallen“, lacht sie. Und es klingt erfrischend ehrlich.

Verfasst im Oktober 2017

Nachtrag in unseren News:
3.11.2017: Vernissage „ArtStube“

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