Andrea Hager

Unternehmensgründerin

Die Bregenzerwälderin hat sich im Alter von nur 20 Jahren selbständig gemacht und ihre Firma „Wolena“ gegründet. Das Unternehmen mit Sitz in Schoppernau stellt seit mittlerweile fünf Jahren maßgeschneiderte Naturbettwaren her und begeistert damit Privathaushalte genauso wie Hotelbetriebe im In- und Ausland. 2016 ist Andrea Hager mit dem Unternehmerinnen-Award der Österreichischen Wirtschaftskammer in der Kategorie „Innovation“ ausgezeichnet worden.

Wir treffen die junge Bregenzerwälderin in ihren Geschäftsräumlichkeiten in Schoppernau im hinteren Bregenzerwald. Ein heller Raum, es duftet nach frischem Holz. Zwei Ausstellungsbetten stehen zum Probeliegen bereit. Im selben Haus, erzählt sie, befinden sich auch die firmeneigenen Produktionsräume – das Reich von Geschäftspartner und Produktionsleiter Harald Müller, der Entwickler des dreiteiligen Lamellenrostsystems von „Wolena“.

Titelfoto: ©Daniel Hager

Im Haus mit Großfamilie und Feriengästen

Ganz in der Nähe des Geschäftsgebäudes, im selben Ort, befindet sich das Elternhaus von Andrea Hager, in dem sie – noch – wohnt. Dort kümmert sich die siebenköpfige Großfamilie Hager nicht nur umeinander und um ihre zahlreichen Kleintiere, sondern unterhält auch Ferienwohnungen. „Die Gäste, die immer wieder kommen, kennen wir teils seit unserer Kindheit“, erzählt Andrea Hager, „mit ihnen wächst man auf, sie sind Teil des eigenen Lebens. Bei uns war immer Full House, also immer was los“.

Familie Hager; Foto: ©Daniel Hager

Familie Hager; Foto: ©Daniel Hager

Andrea Hager ist das älteste von fünf Kindern, sie hat drei Brüder und eine Schwester. „Ich bin es gewohnt, mit vielen Menschen zusammen zu wohnen. Es waren immer um die zehn Personen in unserem Haushalt…“. Und bis auf Bruder Daniel, der seit sieben Jahren in Wien wohnt und arbeitet, wohnen alle Hager-„Kinder“ noch im elterlichen Haus. „Wir haben ein super Verhältnis untereinander“, schwärmt die 25-Jährige, „wir schaffen es noch immer, zusammen in Urlaub zu gehen. Oder sogar zweimal: einmal mit und einmal ohne Eltern“, lacht sie.

L(i)ebenswertes Kaff

Was für naturverbundene Kinder durchaus ein Traum ist, kann für eine Jugendliche mitunter schon etwas fad und öd wirken: In Schoppernau leben derzeit nicht einmal 1.000 Einwohner, „als junges Mädchen habe ich mir hin und wieder gedacht, in was für einem Riesenkaff wir doch leben. Nur einmal in der Stunde ist ein Bus von hier weg und um 22 Uhr der letzte zurückgefahren. Ich dachte zwischendurch ernsthaft daran, später einmal wegzuziehen – zumindest raus aus dem Bregenzerwald“. Heute, nach einigen Erfahrungen im Rest von Österreich und im Ausland hat sie sich selbst als „Landei“ geoutet und ihren Heimatort zu schätzen gelernt: „Vor allem mit einer Familie mit Kindern ist es hier einfach ideal.“

Andrea Hager hat nach ihrer Matura an der Höheren Lehranstalt für Tourismus recht schnell gemerkt, dass sie zwar in einem Touristenort aufgewachsen ist, der Tourismus als Arbeitsumfeld für sie aber nicht erfüllend war. „Ich habe vielmehr meinem Vater – er ist Architekt – nachgeeifert: Seine berufliche Selbständigkeit hat mir immer imponiert. Eines, was ich immer wollte, war selbständig sein. In welchem Bereich allerdings, war lange nicht so klar. Ich bin sogar zwei Monate nach Indien gereist, um einfach nur nachzudenken. Die zündende Idee war allerdings nicht dabei…“, schmunzelt sie.

Im Schlafzimmer verbringt man die meiste Zeit

Mit dem vagen Plan, sich mit ihrem Vater zusammen zu tun, hat sich Andrea Hager dann an der Einrichtungsberaterschule in Salzburg  angemeldet, eine Ausbildung mit Schwerpunkt Innenarchitektur, die ein Jahr dauert und mit einem Diplom abschließt. „Eine recht gute Schule mit gutem Ruf. Die Vortragenden sind Spezialisten, die sich mit Bad-, Küchen- und Schlafzimmereinrichtungen beschäftigt haben.“ Während dieser Zeit hat sich ihr Interesse für die Gestaltung des Schlafraumes entwickelt: „Ich habe immer schon gern und viel geschlafen“, lacht sie, „und dann habe ich mich so richtig darauf spezialisiert – auch deshalb, weil das eben jener Raum ist, in dem man in einer Wohnung oder einem Haus die meiste Zeit verbringt und auch am meisten Spaß haben sollte ;-) Schließlich habe ich mich dann ganz auf den Mittelpunkt dieses Raumes konzentriert: auf das Bett. Ich bin ein sehr kreativer, unternehmenslustiger Mensch und wollte schon immer mein eigenes Ding machen. Die Möglichkeit zu haben, den Menschen etwas Gutes zu tun, etwas zu schaffen, das den Menschen täglich dient, ist für mich ein wunderschöner Gedanke“.

Wolle, Energie, Natur

Bald darauf – noch während ihres Studiums – hat sie dann ihre Firma „Wolena“ gegründet. „Der Name Wolena steht für unsere Philosophie in unserem Unternehmen und für unsere Materialen, nämlich Wolle, Energie, Natur – das ist sozusagen das Dreibein unserer Geschäftsphilosophie – und ein dreibeiniger Stuhl fällt ja bekanntlich nicht um… Mein heutiger, damals schon sehr erfahrener Produktionsleiter Harald Müller war von Anfang an dabei und hat viele gute Ideen mit eingebracht. Mein Glück war und ist, dass sich Menschen in meinem Leben eingefunden haben, die das nötige Wissen und die Leidenschaft für ein großes Ganzes mit mir teilen. Insbesondere sind das meine etwas älteren Mitarbeiter, die mit ihrer Lebenserfahrung und ihrem Fachwissen sehr wichtig für unser Unternehmen sind.“

Im Hause Hager habe man immer schon darauf geachtet, dass das, worauf Familie und Gäste schlafen, aus natürlichen Materialien besteht: „Besonders meine Mama hat sich da schon immer gut ausgekannt, hat auch immer nur das Gesündeste auf den Tisch gebracht – teils auch Lebensmittel aus dem eigenen Garten. Wir machen beispielsweise eigene Hanfmilch und Brot. Mit Jungunternehmerkredit, elterlicher Finanzstarthilfe und Unterstützung meiner gesamten Familie habe ich es dann wirklich umgesetzt. 2012 habe ich Wolena gegründet.“ Kurz vor der Geschäftseröffnung ist Andrea Hager 20 Jahre alt geworden.

Geschäftsführerin mit 20

Ihr jugendliches Alter hatte aus ihrer Sicht und im Rückblick betrachtet Vor- und Nachteile: „Zum einen entwickelt sich eine gewisse Erfahrung naturgemäß erst mit zunehmenden Lebensjahren, andererseits kann es auch hilfreich sein, noch nicht so viel zu wissen: Möglicherweise hätte ich mich ein paar Jahre später nicht mehr getraut – man weiß als älterer Mensch ja eher, was auf einen zukommen könnte und hat möglicherweise Leute getroffen, die mit guten Ideen gescheitert sind! Damals hab ich gar nicht über so etwas nachgedacht. Ich wollte ganz einfach die Chance ergreifen.“

Das

Das „Wolena“-Team; Foto: ©Daniel Hager

Die ersten Jahre waren dann auch nicht ganz so einfach: „Wenn die Mitarbeiter teils drei Mal so alt sind wie ihre Chefin, dann müssen sich alle erst einmal in die Rolle hineinfinden. Das war kein Zuckerschlecken. Andrea Hager bezeichnet sich selbst auch nicht als einen Typ Mensch, der sofort als „die strenge Geschäftsfrau“ auftritt. „Druck bringt meiner Erfahrung nach ohnehin nichts. Die respekt- und vertrauensvolle Zusammenarbeit, die wir heute pflegen, hat sich langsam entwickelt, ich musste mir selbst erst einmal klar werden, dass es meine Verantwortung, mein Kapital, mein Geschäft ist“.

Dazu kam, dass Andrea Hager nicht nur jung, sondern auch weiblich ist: „Wäre ich ein Mann gewesen, wäre das bestimmt schneller gegangen“, ist sie sich sicher. In den vergangenen fünf Jahren ist sie immer besser in die Rolle hineingewachsen, „ich lasse mich nicht mehr so einfach über den Tisch ziehen“, schmunzelt sie. „Ich bin perfektionistisch und pünktlich, aber nicht streng, all die Arbeit muss ja auch Spaß machen!“

Der Prophet im eigenen Land…

Die meisten Aufträge erhält das noch junge Unternehmen von außerhalb Vorarlbergs. Ihre Abnehmer kommen zu 40 Prozent aus Deutschland und der Schweiz, der Rest verteilt sich auf Österreich jenseits des Arlbergs. In Vorarlberg ist der Anteil zwar wachsend, aber noch sehr gering „Besonders in der näheren, eigenen Umgebung sind die Menschen doch eher noch skeptisch. Das löst sich nur ganz langsam auf. Wir haben mittlerweile vier Firmengründer innerhalb unserer Familie, da spüre ich schon hin und wieder so etwas wie Neid“, bedauert Andrea Hager. „Mein Vater pflegt allerdings immer zu sagen: Neid musst du dir erarbeiten, Mitleid bekommst du geschenkt – und da liegt er wohl richtig. Es ist aber nicht leicht für die Jungen im eigenen Dorf, das betrifft nicht nur mich… Schade… Und das, obwohl der Trend hin zur Regionalität doch eigentlich wächst…“. Dennoch erlebt Andrea Hager den Standort in der Heimatgemeinde als für sie perfekt – vor allem auch wegen all seiner Touristen, die genügend Zeit und Interesse mitbringen, das Konzept von „Wolena“ schätzen zu lernen. „Für uns ist Mundpropaganda die beste Werbung.“

Zeit für Expansion

Mittlerweile, fünf Jahre nach der Eröffnung, sei die kleine, aber feine Manufaktur so richtig angelaufen. Erfahrungen mit einer Filiale hat Andrea Hager ebenfalls bereits gemacht: Zwischen 2014 bis 2016 versuchte sich die junge Unternehmerin auch in Wien zu etablieren. „Ich musste dazu alle zwei Wochen in die Bundeshauptstadt fahren. Im Lauf der Zeit habe ich erkannt, dass das zu aufwändig ist und in keiner Relation steht.“ Aufgegeben hat sie ihre Expansionspläne dennoch nicht: „Mein Geschäft ist aber in einem Tourismusort besser aufgehoben als in einer Großstadt.“ Es könne auch gut sein, so Andrea Hager, dass sich in näherer Zukunft eine Filiale von „Wolena“ in der benachbarten Schweiz oder in Grenznähe wiederfindet…
Wir wünschen jedenfalls alle Gute!

Verfasst im Oktober 2017

1 Kommentar
  1. ilse u.Helmut
    ilse u.Helmut sagte:

    Liebe Andrea,
    gerade haben wir deinen Artikel entdeckt. Einfach Klasse!!! Mach so weiter ! Wir wünschen Dir weiter viel,viel Erfolg.
    Bleib gesund und pass auf dich auf. Ilse und Helmut

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