Mit Worten und Blicken
„Momentaufnahme“: Birgit Egle-Winder, Hebamme:
Hebammen leisten auch unter „normalen“ Umständen Großartiges. Denn auch ohne Corona-Krise ist jede Schwangerschaft einzigartig, jede Geburt etwas Besonderes. Derzeit sind aber alle Beteiligten noch ein bisschen mehr gefordert. Birgit Egle-Winder ist freie Hebamme und hat uns ihre ganz persönliche „Momentaufnahme“ aus ihrem Berufsleben geschickt:
„Ich bin seit 25 Jahren Hebamme und seit nunmehr zehn Jahren ausschließlich freiberuflich tätig, d.h. ich betreue die Frauen vor der Geburt und dann im Wochenbett wieder. Meine Arbeit hat sich durch die Corona Krise sehr verändert, weil ich jetzt so wenig wie möglich direkten Kontakt mit den Frauen und Babys haben sollte. Die Schwangeren dürfen wir nur noch per FaceTime beraten, Geburtsvorbereitungskurse ebenso.
Ein Beruf mit viel Körpernähe
Nur in ganz dringenden Fällen dürfen wir die Frauen und Babys noch im Wochenbett besuchen und auch dann nur noch mit Schutzmaske und Handschuhen. Das ist eine große Herausforderung für uns Hebammen, da wir es ansonsten gewohnt sind, mit viel Nähe und Körperkontakt zu arbeiten. Normalerweise leisten wir „nahe“ Stillhilfe, wir tasten die Brüste der stillenden Frauen ab und die Bäuche der Frauen – vor und nach der Geburt, um zu spüren, ob alles physiologisch (gesund) verläuft.
Unser Beruf hat ja grundsätzlich sehr viel mit unseren Händen zu tun, viele Frauen haben es z. B. gern, wenn sie während der Wehen massiert und gehalten werden. Diese Berührungen helfen vielen Frauen, besser mit den Geburtsschmerzen klarzukommen.
Väter nur noch kurz dabei
Das Traurige ist auch, dass die Väter in den Spitälern nur noch ganz kurz mit zur Geburt dürfen, d. h. die Frauen sind dann oft stundenlang alleine mit ihnen fremden und derzeit vermummten Geburtshelfer/Innen. (Was kein Vorwurf an das Spitalspersonal sein soll – sie müssen das und leisten in dieser schweren Zeit Großartiges!) Auf das Wochenbett dürfen die Väter seit letzten Montag gar nicht mehr, was auch dazu führt, dass viele Mütter mit ihren Kindern das Spital vorzeitig verlassen und dann – nicht immer – eine Hebamme haben, die ihnen dann wenigstens zuhause mit Rat und Tat zur Seite steht.
Alles in allem eine schwierige Zeit, um ein Kind zur Welt zu bringen.
Wir Hebammen tun unser Bestes, um den Frauen – trotz allem – ein Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit zu geben.
Im Moment eben mit Worten, Gesten und Blicken!“
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Vielen Dank für diese berührenden Zeilen, liebe Birgit Egle-Winder. Wir wünschen alles Liebe und Gute – auch an all die neuen Erdenbürger, die in diese außergewöhnliche Zeit hineingeboren werden.
Weiterführende Links:
Vorarlberger Landeskrankenhäuser: „Virtueller Rundgang durch den Kreißsaal“
Liebe Birgit! Ja, wir Hebammen sollen social distancing in unsere Arbeit integrieren. Hebamme sein ohne Berührung? Bei der Geburt sowieso unmöglich. Aber Maske muß, Umarmung darf nicht, spontanes Busserl darf nicht sein. Jetzt erst fällt mir auf: wie wir oft zusammen lachen, uns halten, uns nach der Geburt umarmen, wie uns die Frauen küssen, und auch die Männer – wir fallen uns um den Hals. Was für intime Augenblicke! Vorbei. Vorbei?
Und wir Kolleginnen: wie oft suchen und finden wir gegenseitigen Halt. Ist ja nicht nur Schönes, was wir erleben. Gemeinsames Frühstück nach der Dienstübergabe, noch ein Weilchen dableiben und quatschen, Freude und Ärger noch loswerden.
Ach, ein bisschen tu ich mir auch leid!
In diesem Sinne, fühl‘ dich herzlichst umarmt! Susanne