Margit Denz

Kunsthandwerkerin, bildende Künstlerin, Keramikerin

Ihre „Denz-Herzen“ aus Keramik sind längst über die Vorarlberger Grenzen hinaus ein Begriff und gleichzeitig Sinnbild für das Herzblut, mit dem Margit Denz ihre Kunstwerke fertigt. Entdeckt hat die Dornbirnerin ihre Leidenschaft zum Gestalten bereits als kleines Mädchen, konsequent hat sie sich dann auf den Weg gemacht, ihre Begabung auch zum Beruf zu machen.

Denn Margit Denz trifft ihre Entscheidungen gerne aus dem Bauch heraus, also oft sehr spontan, dann aber dafür mit hundertprozentigem Einsatz. Wir werden von der Künstlerin sehr familiär und ungezwungen an jenem Ort zum Interview empfangen, an dem sie aufgewachsen ist und an den sie nach vielen Jahren auch wieder zurück gekehrt ist: in ihrem Elternhaus in Dornbirn, das inzwischen auch ihr Atelier, ihre „Herzkammer“ ist.

Titelbilder: ©Petra Rainer

Begeisterungsfähig und offen für Neues

Atelier Margit Denz; Foto: ©Petra Rainer

Atelier Margit Denz; Foto: ©Petra Rainer

Der Name ist passend. Für ihr „Markenzeichen“, das Herz und für das Pulsieren, das spürbar wird, wenn die Keramikerin davon erzählt, wie sich „aus mir etwas entwickelt, wenn ich kreativ arbeite, wenn ich etwas Neues mache, das mich reizt, das in mir brennt, wenn ich merke, dass ich etwas unbedingt tun muss“. Diese Eigenschaft habe sie schon früh entdeckt, „da war ich immer schon ganz schnell, und ich finde bis heute immer wieder etwas, das mich total fesselt“, erzählt Margit Denz. „Ich kann mich auch nicht an ein Kochrezept halten, kann keine Kuchen backen, weil man sich da eben an gewisse Vorgaben halten muss. Durch meine Offenheit habe ich früher natürlich auch den einen oder anderen Blödsinn mitgemacht und mich nicht immer an die geraden Wege gehalten. Ich hatte lange in meinem Atelier in Wien ein Plakat mit der Aufschrift hängen: Zuerst denken, dann arbeiten – Es war immer schon mein Problem, dass ich oft erst losrenne, bevor ich überhaupt weiß, ob es wirklich gut ist, überhaupt zu starten“, fügt sie selbstkritisch hinzu.

Sturkopf mit kreativer Ader

Gleichzeitig entwickelt Margit Denz einen ungeheuren Fleiß, wenn sie an etwas arbeitet, das sie so gerne macht, wie ihre Skulpturen. „Meine drei Töchter kennen das. Meine Kunst ist ein wichtiger Teil meines Lebens“, erzählt Margit Denz im Dornbirner Dialekt – der sei ihr geblieben, der habe sich „konserviert“, obwohl Margit Denz Vorarlberg sehr früh verlassen hat. Ihre Eltern hatten ein Lebensmittelgeschäft “und sie hätten es natürlich gerne gesehen, wenn ich es übernommen hätte. Handelsschule und Handelsakademie waren allerdings überhaupt nichts für mich. Ich habe dort völlig versagt. Für mich war früh klar, dass ich das nicht wollte. Meine Mädchenjahre waren keine einfache Zeit – ich war wirklich ein Sturkopf. Mein Vater – Jahrgang 1919 und ein Kind seiner Zeit – hatte es nicht immer einfach mit seiner Tochter. Da gab es manche Auseinandersetzungen und mitunter auch wenig gegenseitiges Verständnis…“, erinnert sie sich.

Atelier Margit Denz; Foto: ©Petra Rainer

Atelier Margit Denz; Foto: ©Petra Rainer

Von Keramik, dem Material und seiner Eigenschaft war Margit Denz hingegen schon immer fasziniert. Als Kind ist sie auf dem Schulweg täglich an einem Töpfergeschäft vorbei gekommen. „Der Besitzer hat jeden Morgen wunderschöne Schalen in sein Schaufenster gestellt. Manchmal saß er auch direkt an diesem Fenster und man konnte zusehen, wie er seine Töpfe hergestellt hat. Für mich war das so spannend, dass ich jedes Mal stehen blieb und zusehen musste. Ich bin deshalb oft zu spät in die Schule gekommen.“ Margit Denz hat dort schließlich mit ihrem Taschengeld Ton gekauft und zuhause ihre ersten Figuren gestaltet, Schüsseln modelliert und ins Geschäft zum Brennen gebracht. Damals war sie neun oder zehn Jahre alt. „Das Material hat mich so fasziniert. Es ist so leicht zu formen – man verwendet es ja auch zu therapeutischen Zwecken, weil man schnell etwas gestalten kann. Wenn man sich länger damit beschäftigt, wird es natürlich immer anspruchsvoller und schwieriger. Und irgendwann hat man das Gefühl, es ist das schwierigste Material überhaupt: denn wenn es nicht klappt und dein Werk beim letzten Brand bricht, hast du die komplette Arbeit zuvor umsonst gemacht. Dann fängt alles wieder von vorne an. Das heißt, man braucht einen unglaublich sturen Charakter, um Keramik herzustellen. Wer wundert sich da, dass es eine Zunft ist, die es in all den Jahrzehnten in Österreich noch nicht geschafft hat, sich zu organisieren“, lacht sie. „Obwohl es ausgezeichnete Keramiker gibt, schließt man sich nicht zusammen…“

Heimliche Aufnahmeprüfung

Als Teenager hat Margit Denz in Eigenregie nach Schulen Ausschau gehalten, die ihr Interesse unterstützen könnten. Gefunden hat sie schlussendlich eine Bildhauerschule in Innsbruck: „Ich habe dann heimlich die Aufnahmeprüfung gemacht und sie bestanden. Ich war 15 und bin nach Innsbruck gegangen, um vier Jahre lang eine Fachschule für Malerei und Bildhauerei zu besuchen. Ich habe dort eine richtig gute Basisausbildung bekommen, die mir später an der Universität für Angewandte Kunst in Wien sehr weitergeholfen hat.“ Für ihre Eltern sei das zunächst nicht so einfach gewesen. Ihr Vater hatte mit Bildhauerei nicht wirklich viel anfangen können, Margit Denz gelang es allerdings immer wieder, ihn zu beruhigen und hat dann die Schule auch mit Auszeichnung abgeschlossen. „Meine Mutter, die eigentlich ebenfalls eine sehr kreative Frau ist, hat mir später einmal, als ich bereits an der Angewandten Keramik studierte, erzählt, dass sie am liebsten auch genau sowas gerne machen würde und die Möglichkeit dazu einfach nicht hatte. Von meiner Mutter habe ich aber sehr gut Stricken, Sticken und Häkeln gelernt.“

Lernen und Arbeiten im Paradies

Ihre Zeit in Wien hat Margit Denz als „paradiesisch“ in Erinnerung: „Ich habe dort in einer Mädels-WG gelebt, und es war einfach nur lässig. Es war offen, frei und wunderbar!“, schwärmt die heute Mitte 50-Jährige. „Die ersten drei Jahre habe ich nur gearbeitet, ich wusste gar nicht, dass es einen ersten Bezirk überhaupt gibt. Ich hatte eine eigene Werkstatt und war nur dort… Es war herrlich. Damals wurden einem die Materialien zur Verfügung gestellt, deshalb war alles da. Genug Gips und Ton. Man konnte einfach arbeiten. Im Sommer war ein Monat Pause. Blöd.“

Margit Denz; Foto: ©Petra Rainer

Margit Denz; Foto: ©Petra Rainer

Zur Zeit ihres Studiums kannten sich die Studenten aus der Bildhauerei-, der Keramik-, der Graphik- und Modeklassen gut, es herrschte ein reger Austausch: „ Das Großartige war beispielsweise, wenn Persönlichkeiten wie die Vivienne Westwood und Philip Stark da waren, dann sind alle schnell in die Modeklasse gegangen und haben zugesehen. Egal, ob ein Großer aus der Mode oder der Architektur war, wir konnten alle dabei sind und von ihnen lernen. Auch wir in der Keramik hatten zum Beispiel Mateo Thun aus Mailand einmal im Monat bei uns. Den haben wir dann richtig belagert in den Tagen, in denen er da war.“ Noch heute pflegt Margit Denz den Austausch mit vielen ihrer damaligen Mitstudenten : „Wenn ich in Wien bin, treffe ich bis zu 35 Leute von damals – ein Riesenvorteil. Heute hat man die Keramik an der Angewandten abgeschafft, das Institut gibt es gar nicht mehr…“, bedauert die Künstlerin.

Das Herz als Symbol für Weiblichkeit

Margit Denz hat sich immer schon mit typischen Frauenthemen auseinandergesetzt. Bei einer Ausstellung, die unter der unter dem Titel „Intim“ die Felder „Sexualität und Weiblichkeit“ thematisiert hat, habe sie erkannt, „dass das Herz, das von der heiligen Maria kommt, ein Symbol des weiblichen Geschlecht darstellt. Auch der Pfeil durch das Herz hatte ursprünglich eine ganz andere Bedeutung: nämlich den Koitus. Das war zu einer Zeit, in der man intime Themen nicht einmal aussprechen durfte.

„Denz-Herz“; ©Margit Denz

Diese Zusammenhänge haben mich sehr interessiert – meine ersten größeren Arbeiten, die ich gemacht habe, waren Vulva Dosen (mehr dazu hier). Mein aktuelles Projekt übrigens beschäftigt sich mit umgeschriebenen Zehn Geboten. Ein Buch, das ich gemeinsam mit Eva Maria Dorn herausgebracht habe und das demnächst präsentiert wird“. Nach und nach sei sie vom „Herz“ als Designartikel quasi überrumpelt worden, erzählt Margit Denz nachdenklich.

„Denz-Herz“; ©Margit Denz

Ursprünglich hatte sie es zu einer Ausstellung Mitte der 1990er Jahre erarbeitet, die die österreichische Identität, Außen- und Innensicht sowie Alpen und Tradition zum Thema hatte. „Nach dieser Ausstellung im Kunstraum Dornbirn wollten alle diese Herzen haben. Ich habe dann angefangen, das Herz in alle möglichen Richtungen zu denken, es auch farblich und mit Details zu gestalten. Es ist mir irgendwie so passiert. Es war überhaupt nicht geplant. Und ich dachte zuerst: Jetzt habe ich so lange mit Keramik gearbeitet und so viel gelernt und mache jetzt ein kleines Herz. Das darf doch nicht wahr sein…“

Alleinerzieherin von Zwillingen

Am Anfang habe sie sich noch gegen diesen Gedanken gewehrt. Als sie dann allerdings Mutter von Zwillingsmädchen wurde, die sie alleine großzog, war das Herz tatsächlich eine Möglichkeit, um davon zu leben und ihre kleine Familie in Wien selbst ernähren zu können. „Ich habe mir gedacht – Cool, dann mach ich eben eine Weile Herzen. Mein Keramik-Herz war also irgendwie Fluch und Segen zugleich.“

Atelier Margit Denz; Foto: ©Petra Rainer

Atelier Margit Denz; Foto: ©Petra Rainer

1996 sind ihre Mädchen auf die Welt gekommen, im Jahr 2002 ist sie – einer neuen Liebe wegen – wieder nach Vorarlberg zurück gekehrt. „Ich dachte ja eigentlich, dass ich nie wieder nach Vorarlberg kommen würde. Dann lernte ich meinen jetzigen Ehemann kennen. Ausgerechnet einen Vorarlberger“, lacht sie. Inzwischen hat Margit Denz drei Töchter und lebt immer noch in Dornbirn :-) Denn auch in Vorarlberg hat sich die Erfolgsgeschichte ihrer Herzen weiter geschrieben: „Mittlerweile verkaufe ich auch übers Internet (hier geht es zum Online-Shop von Margit Denz), meine Käufer kommen aus Australien genauso wie aus England. Ich mache auch Sonderanfertigungen zu allen möglichen Anlässen“.

Dem Herzen folgen

Galerie Margit Denz; Foto: ©Petra Rainer

Galerie Margit Denz; Foto: ©Petra Rainer

Parallel arbeitet Margit Denz auch immer an anderen Projekten (hier geht es zur Homepage der Künstlerin) – „anders geht das bei mir gar nicht“, schmunzelt sie. „Ich habe so viel angefertigt in den letzten Jahren, dass ich wieder einmal eine Ausstellung organisieren könnte. Ich weiß zwar noch nicht wann und wie. Ich plane ja ganz wenig, lasse alles auf mich zu kommen. Ich bin der tiefen Überzeugung, dass man nur das wirklich gut machen kann, was man gerne tut. Sollten meine Töchter den Wunsch äußern, künstlerisch tätig zu sein, würde ich sagen: Es muss euch freuen, folgt euren Herzen, alles andere macht man nur halb.“

Verfasst im Dezember 2017

2 Kommentare
  1. HeideMarie Bräuer (Jobst)
    HeideMarie Bräuer (Jobst) sagte:

    Großes, großes Kompliment an Margit für ihre ‚Sturheit‘ und das, was daraus geworden ist! Darauf zu vertrauen, dass Einzigartigkeit, die in jedem Menschen/Herzen steckt, die Welt bereichert und nicht dem zu folgen, was uns nur ‚scheinbare‘ Sicherheit gibt. DAS ist doch die Idee des Lebens/Schöpferkraft !!! Liebe Grüsse, HeideMarie

    Antworten
    • Angelika Schwarz
      Angelika Schwarz sagte:

      Herzlichen Dank für die schönen Zeilen – auch wir haben das Interview mit Margit Denz als etwas ganz Besonderes erlebt! Schöne Weihnachten und einen guten Rutsch ins Jahr 2018 wünschen Claudia, Elisabeth und Angelika

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